„Wie Herrgott in Frankreich“
Text & Bilder Ulrich Kögler
In seinem Reisebericht beschreibt Ulrich Kögler in seiner amüsanten und unverwechselbaren Art seine Erlebnisse und Erfahrungen, die er, zusammen mit seiner Frau, bei seinem Flug im September 2004 nach „Brie Champniers“ (LFBU) bei Angouleme, was etwa 100km nordöstlich von Bordeaux liegt, gemacht hat.
Natürlich dürfen auch ein paar Anmerkungen zur französichen Lebensfreude nicht fehlen…
Prolog:
Eigentlich planten wir, meine Frau als Copilot und Franzer und ich den Frankreich-Trip schon längere Zeit. Jedenfalls stammt das erste Frankreich – „Trip-Kit“ aus dem Jahr 1996. Aber offensichtlich hatte ich jedes Jahr eine Ausrede, ich weis nicht mehr welche. So kam immer der Herbst und der Winter und ich hakte die Sache mit „nächstes Jahr schau´n wir mal “ ab.
Ehrlich gesagt hat mir der Blick auf die Frankreich-Jeppesenkarte die Lust auf Frankreich etwas vermiest. Die Karte gleicht in Grenznähe mit all den Sperrgebieten mehr einem Schnittmuster für die nächste Saisonmode aus der „Burda“ als einer Luftfahrtkarte. Ein weiterer Grund war die doch mehr als 1000 km lange Distanz zu unserer „Destination“, der Flughafen „Brie Champniers“ (LFBU) bei Angouleme, etwa 100 km nordöstlich von Bordeaux. Oftmals musste auf diese Distanz nach Westen eine Schlechtwettergebiet durchflogen werden und ich hatte keine Lust irgendwo in Frankreich runtergewaschen zu werden. Ein Hochdruckgebiet über Europa über mehrere Tage wäre also super.
So vertauschten wir in der Vergangenheit das Flugzeug mit dem Auto um unsere Freunde, Claude und Babette zu besuchen. Die Fahrt über 13! Stunden war aber auch nicht von schlechten Eltern.
Jedenfalls nahm ich mir alle Jahre im Frühjahr die Frankreichkarten zur Hand und zeigte guten Willen. Das ging lange gut, bis meine „Fliegerkameraden“ im Club fragten „na, wo geht´s heuer hin, wohl nicht nach Frankreich?“ Dazu gab´s jedes Mal die alte Kamelle, wie man in den 70er Jahren mal mit dem „Falken“ in Chartres (im Hofer „Gwaaf“ sagt man „Schortres“) südlich von Paris, bei „Spiel ohne Grenzen“ als Schlachtenbummler beim Endspiel gegen Hof war……. ,der französischen und englischen Sprache nicht mächtig… durch schlechtes Wetter mit Funkausfall… jedoch alles in „Deutscher Hand “. Tolle Kerls, aber wer hält das auf die Dauer schon aus?
Vorbereitung Mittwoch und Donnerstag , der 1.und 2. September 2004
Hochdruck über Mitteleuropa. „Klaus“ baut seinen Einfluss in den nächsten Tagen aus, sagt der Wetterbericht. Jetzt oder nie denke ich und es macht sich bei mir Geschäftigkeit breit. Karten und Anflugblätter zusammentragen, Flugplan vorbereiten, Flieger checken, Urlaub beantragen.
Mit der vor mir ausgebreiteten Jeppesen – Karte versuche ich erst mal die Ober- und Untergrenzen und die Betriebszeiten all der „ LF-R “´s auf meiner Strecke rauszuschreiben. Durchflug wäre am Wochenende kein Problem da die meisten der „Areas“ dann nicht aktiv sind. Aber ich plane am Freitag den Hinflug und am Montag den Rückflug und an diesen Tagen tut sich auf der Karte ein fliegerisches Chaos auf. Da meine „Fascination“ entgegen der Konstrukteursangaben nicht ganz so steigt wie eine Messerschmitt und nicht so stürzt wie der „Stuka“ von Junkers, ist das achterbahnmäßige Über-, Unter- und Umfliegen der „LF-R “´s ein Wunschtraum. Also geht’s nur mit Freigabe durch den jeweiligen ATC.
Als ich meine Fliegerkameraden frage, ob jemand Erfahrung mit Frankreich habe, ernte ich von denen trotz „Schortres“ nur ein müdes Achselzucken. Dem Fliegermagazin war der Frankreich-Trip mal ein mehrseitiger Bericht über zwei Ausgaben wert… „So klappt´s mit dem Frankreich-Trip“.
Die am Wochenende wenigen aktiven Gebiete wurden hier aber auch nur über-, unter- oder umflogen, ohne groß die INFO- Frequenzen zu kontaktieren. Zu umständlich. Also hoffe ich trotz aller Vorbereitung und um die Sache nicht in Arbeit ausarten zu lassen auf Freigaben für den Durchflug.
Freitag, der 3.September 2004
Ich kann mich einer gewissen Nervosität seit dem Vorabend nicht erwehren. Der erste richtige Langstreckentest für meine „Eigenbaumühle“! Wird alles glatt laufen? Wird das Wetter durchhalten?
Mir ist irgendwie nicht nach Frühstück und so sind wir um 8 Uhr auf dem Flugplatz. Das Flugzeug habe ich schon am Vorabend durchgecheckt und getankt. Also unsere „sieben Sachen“ rein und los geht´s. Da Angouleme nur knapp mit einer Tankfüllung ohne Reserve erreichbar wäre, habe ich für den Tankstop den Flugplatz Pirmasens ausgesucht. Der liegt circa auf halber Wegestrecke ziemlich genau auf unserer Route. Und außerdem, man muß ja sparen wo man kann, gibt´s dort Mogas für den Rotax.
Rollfreigabe, die vertraute Stimme des Controllers am Hofer Tower wirkt irgendwie beruhigend und Start um 0840 local. Traumwetter, Sichten von „Pol zu Pol “ – nur den Wind haben wir auf der Nase, sonst wäre ja alles zu perfekt. Wir heben ab, Räder rein, steigen auf FL 65, ich trimme die Kiste aus, stelle Propeller und Motor auf Reisedrehzahl, rufe „Langen Information“, schalte den Autopiloten ein und wir haben ein Gefühl wie „Bahnfahren“. Fehlt nur noch der Schaffner mit „Fahrscheinkontrolle“!!! Nach Einer-Stunde-Vierzig Landung auf dem Fluglatz Pirmasens, ohne Probleme wie der Flug bis jetzt.
Auf dem Pirmasenser Tower gebe ich meinen vorbereiteten Flugplan auf und frage den freundlichen Herrn von der Luftaufsicht ob er vielleicht noch einige Tipps für Frankreich hätte… er fliegt ja schließlich „näher am Geschehen“.
„Bald möglichst nach dem Abflug mit Reims Info Kontakt aufnehmen, kann aber sein, die Frequenz ist nicht besetzt – die Polizei hat mal einen Piloten verhaftet der nach Inkrafttreten des Schengener Abkommens gedacht hatte er brauche für einen Frankreichflug mit Landung keinen Zoll mehr… !“ Verdammt, wie spricht man eigentlich „Reims“ auf französisch aus?
Für den Grenzüberflug habe ich eine Flughöhe gewählt in der ich wenigstens die ersten paar Kilometer nicht in ein Beschränkungsgebiet einfliege. Da ich mir ziemlich gut vorstellen kann wie französisch-englischer Dialekt klingt, kann ich mich so mehr auf den Funk konzentrieren. “… und falls es nicht klappt können wir ja immer noch umkehren,“ sage ich zu meiner Copilotin.
Nach dem Kreuzen und Überfliegen einer landenden Bundeswehr-Transall, der Flugplatz Pirmasens teilt sich den Luftraum mit dem Militärflugplatz Zweibrücken und dem Erreichen meiner von mir festgelegten Flughöhe rufe ich Reims Info, eine Antwort kommt prompt aber relativ leise und etwas verrauscht und so sage ich meinen Spruch … Kennung, Typ, Flightplan-Route from … usw, die Jungs müssten ja eigentlich meinen Flugplan vorliegen haben. Nach ein paar Sekunden Stille kommen die Gegenfragen genau in dem Dialekt den ich mir vorgestellt habe. Ich schaue rüber zu meiner Copilotin, meine Frau spricht ziemlich gut Englisch und Französisch und hat ja schließlich auch das deutsche / englische „Sprechfunkdiplom“ – Achselzucken. So entscheide ich mich für ein: „Say again.“
Aus der zweiten Antwort – man scheint sich ja an alles zu gewöhnen – höre ich: „… krächz krächz… type of aircraft … how many persons on board? … Destination Airport?“ Und ich denke das steht alles auf meinem Flugplan. Nachdem ich alles was er wissen will rübergefunkt habe, ob er es richtig aufgeschrieben hat bleibt für immer ein Geheimnis, gibt er mir einen Transpondercode und zu meiner Erleichterung eine Clearance für meine Flughöhe und Route aber auch die Frequenz eines anderen ATC mit der Aufforderung zum Wechsel. Ein neues Spiel ein neues Glück und alles von vorne, jedoch dieses mal in einem besseren Englisch: „… type of aircraft? … how many persons on board? … destination airport?“ Daran ändert auch mein „filed a flightplan“ und „flightplan route“ nichts.
Als alter Bastler sehe ich vor meinen Augen eine Konstruktion. Der Auswurfschacht des Faxgerätes welches gerade meinen übermittelten Flugplan auswirft… dieser Auswurfschacht ist über eine Rutsche mit dem Einzugschacht eines Papiervernichters verbunden…
Nach der Übermittlung meiner Daten bekomme ich einen neuen Transpondercode und eine Freigabe für meine Flughöhe und meine Flugroute die mich direkt über den Militärflugplatz Nancy / Ochey mit Blick auf geparkte Mirage-Jäger fliegen lässt. Die Kameraden von der französischen Luftwaffe sind wahrscheinlich schon im Wochenende. Jedenfalls sehe ich sie lieber am Boden als auf gleicher Höhe, je einer links und rechts an meiner Flügelspitze.
So lässt man uns wirklich „direct to“ fliegen, allerdings soll ich auf den verbleibenden 500 Kilometern fünf oder sechs Mal die Frequenz wechseln, jedes Mal verbunden mit der Frage: „type of aircraft? … how many persons on board? … destination airport?“ Aber in immer besser werdendem Controller-Englisch. Entweder habe ich mich an den Dialekt gewöhnt oder die französischen Oberluftaufseher schicken Ihre schlechter Englisch sprechenden Kollegen zur Abschreckung an die deutsche Grenze.
Nach weiteren 3 Flugstunden bei Traumflugwetter melden wir das Eindrehen in das Endteil der Landebahn 10L von “Brie Champniers“, des Regionalflughafens nordöstlich Angouleme gelegen.
Auf dem Tower treffen wir auf zwei Gendarmen, ich hebe die Hände und beteuere meine Unschuld. Aber sie lächeln – sie sind offensichtlich nicht wegen uns hier. Ansonsten allgemeine Bewunderung für die „Fascination“ die ja steigt wie eine „Messerschmitt“ oder sagen sie „Mirage“? – und stürzt wie der „Stuka“ von Junkers. Ich wiederspreche nicht, bin stolz und lasse Sie in Ihrem Glauben.
Ich darf den Flieger über das Wochenende in einer der riesigen Hallen am Platz abstellen.
Über das Wochenende bleibt das Wetter stabil, allerdings bei südfranzösischen Temperaturen von bis zu +38°Celsius. So verleben wir die paar Tage wie „Herrgott in Frankreich“ bei Babette und Claude.
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Montag, dem 6. September 2004
Leider geht alles mal zu Ende!
Wir „satteln die Hühner“ und treten die Rückreise an. Der Tower ist ab 8.30 Uhr local besetzt, wir geben einen Flugplan mit der „Destination Pirmasens“ ab und informieren uns über das Streckenwetter – erstklassiges Flugwetter über die ganze Strecke. Nebenbei gesagt, besteht in „Brie“ keine Flugleiterpflicht. Hat der Tower geschlossen darf man auch ohne den Segen des ATC Starten und Landen. Man spricht halt „blind “ auf der veröffentlichten Platzfrequenz mit dem Platzverkehr, wenn vorhanden, und sagt was man vor hat.
Klappt prima, die Erfahrung habe ich schon in den USA gemacht.
Die Rückreise verläuft, bis auf einen kleinen „Schlenker“ um ein militärisches Sperrgebiet am Militärflugplatz „Avord“ ebenso problemlos wie der Hinflug. Am Freitag durften wir das Beschränkungsgebiet durchfliegen, heute bekommen wir keine Freigabe weil diese „LF-R“ aktiv ist. Der militärische Controller macht uns darauf aufmerksam. Ansonsten lässt man uns „direct to“ fliegen, man reicht uns durch. Heimwärts liegt der französischen Luftaufsicht auch der Flugplan vor. Das reduziert den Sprechfunk erheblich. Funktioniert´s jetzt, oder weiß man nur noch nicht wie man das Faxgerät mit dem Papiervernichter koppelt? Allerdings ist wieder ein mehrmaliger Frequenzwechsel (waren es sechs?) angesagt.
Nach drei Stunden Flugzeit landen wir, eine Transall in der Platzrunde von Zweibrücken überfliegend – ist das immer noch die gleiche? – in Pirmasens zum Tankstop. Nach weiteren eineinhalb Stunden Flugzeit rufen wir Hof-Tower und beginnen unsere Ansage mit „Bongschuhr“.
Fazit
Wer nach Frankreich will, nur zu! Wir hatten auf unserem Trip bis auf die „Widrigkeiten“ beim ersten Funkkontakt keinerlei Probleme… eigentlich fehlt im BZF I der Eintrag:
„Hinweis —- für den Gebrauch im französischen Luftraum nur eingeschränkt brauchbar!
Wir scheinen jedenfalls alles richtig gemacht zu haben, hatten bis jetzt nur eine einzige Post aus Frankreich im Briefkasten. Die Rechnung vom Flughafen Angouleme. Für´s Landen, Transport zum Tower und zwei Tage Unterstellen berechnen sie insgesamt 6,32 Euro! Avgas kostet 1,49 Euro der Liter.
Ich sag´s ja: „Wie Herrgott in Frankreich!“